Safran kennt jeder. Zumindest aus „Backe backe Kuchen“ – schließlich gehört er neben Eiern und Schmalz, Zucker und Salz, Milch und Mehl zu den sieben Zutaten, die für das Gelingen eines (gelben) Kuchens ausschlaggebend sind. Dass Safran aus den Abruzzen kommt und noch einiges mehr auf dem Kasten hat, wissen die Wenigsten.
Vorhang auf für das teuerste Gewürz der Welt
Bis vor knapp zehn Jahren beschränkten sich meine Berührungspunkte mit Safran auf das allseits bekannte Kinderlied. 2006 änderte sich das; natürlich in Italien. Zusammen mit einer sehr guten Freundin am Comer See kochten wir zum Geburtstag ihres Vaters sein Lieblingsgericht: Risotto Milanese. Da darf Safran auf keinen Fall fehlen.
Ehrfürchtig bis fragend hielt ich das kleinen Plastikröllchen mit den Safranfäden in der Hand. Diese paar leuchtend roten Fäden sind also das teuerste Gewürz der Welt?
2013 in Istanbul habe ich den Safran dann zum ersten Mal nicht verpackt im Supermarkt, sondern auf dem Basar gekauft.
Krokus + Italien = Safran!?
Hier wurde meine Vortellung vom Safran dann völlig auf den Kopf gestellt. Als Ivan mir ganz beiläufig erzählte, dass das edle Gewürz ja auch in den Abruzzen angebaut würde.
Damit noch nicht genug: Es wird aus Krokussen gewonnen. Jene Frühblüher, die ich Zeit meines Lebens für gänzlich uninteressant gehalten habe. Als leidenschaftlicher Blumenpflückerin kamen mir die giftigen Frühblüher schon als Kind nicht in den Strauß. Und jetzt das…

Blüten des Crocus sativus © Giancarlo Vetrone
Das musste ich erst mal verdauen: Das teuerste Gewürz der Welt kommt aus Krokussen in den italienischen Abruzzen? Ich war verwirrt und meine botanische, geographische und kulinarische Weltordnung war mit einem mal dahin.
Klänge aus Tausend und einer Nacht vermischten sich mit dem penetranten „lalalala lalala“ aus der Miracoli Werbung und dem unverkennbaren Federiiiiiiiiiiicoo.
Safrananbau in den Abruzzen
Ein Großteil des Safrans kommt tatsächlich aus dem Orient: Hauptsächlich dem Iran, Irak, China und dem Kashmir Hochland. Doch auch in Teilen Europas hat der Safrananbau Tradition. Neben Spanien, Griechenland, Frankreich, Österreich und der Schweiz werden die Knollen des Crocus sativus auch in Italien angebaut.
Besonders bekannt für den Safrananbau ist die Navelli Hochebene in den Abruzzen, in der Provinz Aquila.
„Im Oktober blühen auf der Hochebene rund um Navelli die Krokusse. Für kurze Zeit verwandelt sich die sonst karge, im Winter schneebedeckte, im Sommer knochentrockene Gebirgslandschaft in eine Landschaft von verschwenderischer Fülle. Es ist, als hätte jemand über Nacht einen lilafarbenen Teppich über die zerfurchten Äcker ausgebreitet. Crocus sativus, so der lateinische Name, ist das teuerste Gewürz der Welt. Schon die Mesopotamier und Alten Ägypter wussten um die vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten des Safrans, dessen Name sich aus dem arabischen Zaafran ableitet. Arabische Händler waren es auch, die während des Mittelalters im südlichen Europa für die Verbreitung des Knollengewächses aus der Familie der Schwertlilien sorgten. Ein Mönch aus dem Geschlecht der Santucci, so berichtet es jedenfalls die Chronik von Navelli, begann im dreizehnten Jahrhundert mit dem Safrananbau auf dem Altopiano di Navelli. Die steinigen Böden und das aride Klima bekamen der Gewürzpflanze äußerst gut, und bald schon war der Safran aus den Abruzzen bis weit über die Landesgrenzen hinaus begehrt. Jahrhundertelang bescherte er der abruzzischen Bergbevölkerung einen bescheidenen Wohlstand. Freilich war er die Frucht von harter körperlicher Arbeit.“
(Helmut Luther – ABRUZZEN: Das Glück des Safrans FAZ 12.10.2011)
Genau diese körperliche Arbeit ist es auch, die den hohen Preis der goldenen Fäden bestimmt.
Der Safran muss nämlich von Hand geerntet werden – und das vor Sonnenaufgang, bevor sich die Krokusblüten öffnen und ihre wertvollen Blütenstempel beschädigt werden könnten.

Safranernte © Giancarlo Vetrone
Safran macht den Kuchen gel – und sonst so?
Safran ist ein Gewürz, dass in erster Linie für seine Farbe und seinen Preis bekannt ist. Sein Geschmack oder anderen guten Eigenschaften geraten hierbei leicht in den Hintergrund.
Safran kann weitaus mehr als nur gelben Kuchen:
Safran gilt nämlich als natürliches Potenzmittel – sowohl für Männer als auch für Frauen. Gleichzeitig zeigt sich Safran wirkungsvoll bei Depressionen und PMS. Da der Safran überdies stark antioxidative Wirkstoffe enthält, bringt er entzündungshemmende und krebsfeindliche Eigenschaften mit sich. Als „kleiner“ Bonus hilft der appetithemmende Safran beim Abnehmen.
(Zentrum der Gesundheit)
Safran ist der Hit und ein richtiges Multitalent!
Augen auf beim Safrankauf!
Beim Kauf des goldenen Multitalents aber bitte auf die Herkunft achten, denn die Qualitätsunterschiede sind enorm.
Bei den Italienischen Produkten sind es die kleinen Buchstaben Kombinationen wie DOP (di origine protetta: aus geschützter Herkunft) oder DOC (di origine controllata: aus kontrollierter Herkunft) auf die ihr achten müsst. Eine ausführlichere Erklärung der verschiedenen Kürzel findet ihr auf der Seite von A.I.T.I. Associazione Italiana Tedeschi in Italia – einem italienischen Verein für Deutsche in Italien.
Am besten ist es natürlich, wenn man den Safran direkt vom Erzeuger bezieht. Für alle, die nicht gerade in den Abruzzen unterwegs sind, weil sie zum Beispiel am 1. Mai die Prozession der Schlangen in Cocullo beiwohnen, haben wir eine Alternative.
Den Safran aus Aquila könnt ihr nämlich auch online bestellen – selbstverständlich mit dem DOP-Sigel*. So kommt der Safran direkt zu euch nach Hause, und mit ihm die Abruzzen!
Rezeptideen mit Safran:
Neben Risotto Milanese und gelbem Kuchen gibt es natürlich noch mehr Rezepte, an denen ihr euch selber ausprobieren könnt.
Ein typisch abruzzisches Pastagericht sind „Cannarozzetti allo zafferano“.
Das Rezept ist denkbar einfach und die Zutatenliste ist sehr übersichtlich.

Zutatenliste für Cannarozzetti allo zafferano
Für 2 Personen benötigt ihr:
- Etwa 300gr Pasta
- Eine gute Prise Safranfäden
- 150gr Ricotta (traditionell aus Schafsmilch, zur Not tut es aber auch Kuhmilchricotta)
- 100gr Guanciale
- Pfeffer und Salz
Wer mich kennt, weiß wie sehr ich Guanciale liebe. Der luftgetrocknete, ungeräucherte Speck aus der Schweinebacke ist für die echte Carbonara unerlässlich und veredelt noch so manch anderes italienisches Gericht, wie zum Beispiel Pasta e Fagioli.
Da Guanciale in Deutschland aber nur recht schwer zu bekommen ist und nicht jedermann erst etliche italienische Feinkostläden vorm Essen abklappern will, gibt es zwei Möglichkeiten: Selbst mitbringen aus Italien oder online bestellen*.
Nun aber zum Rezept:
- Die Guanciale-Streifen bei mittlerer Hitze in der Pfanne zergehen lassen
- Pasta in genügend Salzwasser al dente kochen
- Etwas von dem Abkochwasser der Pasta abschöpfen und darin die Safranfäden einweichen
- Ricotta mit dem Safransud vermengen
- Die abgekochte Pasta zu den Guanciale-Streifen in die Pfanne geben
- Ricotta-Safrancreme hinzufügen und mit Salz und schwarzem Pfeffer abschmecken
Das Gefäß mit dem edlen Safran umzustoßen und das teure Gewürz quer über den Küchenboden zu verteilen, sollte bei der Zubereitung tunlichst vermieden werden.
Apropos Ricotta: „avere le mani di Ricotta“ (zu Deutsch: Hände aus Ricotta haben) ist auf Italineisch übrigens die Bezeichnung für jemanden, der alles fallen lässt. Passt.

…leider.
*Die mit Sternchen (*) gekennzeichneten Links sind sogenannte Affiliate-Links. Sie führen euch zu einem Shop, an dessen Partnerprogramm wir teilnehmen. Wenn du über diesen Link einkaufst, bekommn wir eine kleine Provision. Dein Preis ändert sich dadurch nicht!