Aielli ist eine kleines Dorf nur eine knappe Autostunde von Rom entfernt und gehört zur Vereinigung der Borghi autentici d’Italia (authentische Dörfer Italiens). Das unbekannte Bergdorf ist ein Streetart Geheimtipp in Italien und lockt immer mehr Besucher in die Abruzzen. Denn die Plätze, Straßen und Gassen von Aielli sind mit bunten Murales verziert. Diese verwandeln das 1.475-Seelen-Dorf in eine einzigartige zeitgenössische Open-Air Galerie, die nicht nur die Herzen von Streetart Fans in Italien höher schlagen lässt. Im folgenden Artikel stellen wir dir Aielli und seine Murales vor. Außerdem verraten wir dir welche Sehenswürdigkeiten du bei deinem Urlaub, Besuch oder (Tages-)Ausflug nach Aielli nicht verpassen solltest.
Kunst erobert die Straßen der Stadt: Streetart als urbane Kunstform
Berlin, London, Bristol, Paris, Marseille, Lissabon oder Porto. Aus urbanen Räumen ist Streetart kaum mehr wegzudenken. Als Streetart oder „Urban Art“ bezeichnet man eine nicht kommerzielle Form, im öffentlichen Raum Botschaften in Form von Kunstwerken und Wandmalereien zu hinterlassen. Murales oder Mural nennt man diese teilweise übergroßen Wandbilder, auch bekannt als Fassadenmalerei. Aufgrund ihrer enormen Größe handelt es sich bei ihnen in erster Linie um legale Auftragsarbeiten. Dadurch unterscheiden sie sich von den “sog. “Tags” oder Graffiti”, die oft spontan und illegal, also ohne Zustimmung entstehen.

Streetart in Rom
Immer mehr Städte schmücken sich mit den Wandmalereien von bekannten Künstlern der Streetart-Szene wie Banksy, Blu, Vhils & co. Inzwischen werden die bunten Murales sogar auf gesonderten Stadtführungen präsentiert. Und auch zahlreiche Blogger haben sich mit dem Thema der Streetart in bekannten Städten befasst. Wie zum Beispiel Wolfgang von Groovyplanet, der die Murales als Wahrzeichen von Porto vorstellt.
Streetart in Italien: Rom, Rimini, Neapel…. und Aielli!
Doch auch Italien ist, was urbane Kunst betrifft, keineswegs ein unbeschriebenes Blatt, bzw. Fassade. Schließlich ritzten schon die alten Römer obszöne Botschaften in die Gemäuer vom antiken Pompeji. In den meisten italienischen Städten kannst du fabelhafte Streetart entdecken.
- Barbara von Reisepsycho führt dich durch das moderne Rom und zeigt euch die öffentliche Kunst der Ewigen Stadt.
- Einblick in die Streetart von Rimini bekommst du bei Smaracuja.
- Lars von Sirenen und Heuler zeigt in seiner Gallerie urbane Kunst aus Neapel.
Seit wenigen Jahren gibt es einen neuen Stern am italienischen Streetart-Himmel! Das kleine Dorf Aielli in den Abruzzen zeigt, dass Streetart längst nicht mehr nur dem urbanen Raum vorbehalten ist. Mit moderner zeitgenössischer Kunst bringt es Individualität, Lebendigkeit und vor allem Kreativität in die mittelalterlichen Gassen eines kleinen Bergdorfes und erweckt es so zu neuem Leben.
Aielli: Ein authentische kleines Bergdorf vor den Toren Roms
Aielli ist eines der vielen kleinen Dörfer entlang der Zugstrecke von Rom nach Sulmona, das man ganz leicht übersehen kann. Das alte Dorf liegt in der Provinz L’Aquila der Abruzzen. In 1.021 Metern Höhe thront es auf einem Ausläufer der Sirente-Velino-Gebirgskette, die Teil des gleichnamigen Regionalparks ist. Dort oben hat die kleine Gemeinde mit ihren 1.475 Einwohnern miterlebt, wie der Fucino-See trocken gelegt und sich in eine Ebene verwandelte; wie die Fischer zu Bauern wurden.

Blick von Aielli auf die Ebene des Fucino. Vor seiner Trockenlegung war hier einst ein riesiger Binnensee.

Der historische Teil von Aielli – eingebettet in den Regionalpark Sirente-Velino, benannt nach der gleichnamigen Bergkette
Mit seinen Kirchen und dem Turm, der als Observatorium dient, stellt die Stadt historisch-architektonischen Reichtum dar und zählt zu der Vereinigung der Borghi Autentici d’Italia: der authentischen Dörfer Italiens. Wie viele andere Dörfer der Abruzzen auch… Mittelalterliche Gassen im historischen Ortskern, ein Turm oder eine Burg umringt von den Bergen des Apennin sind in den Abruzzen alles andere als ein Alleinstellungsmerkmal. Seit den 70er Jahren nahm die Bevölkerung in Aielli rapide ab. Wie auch in vielen anderen Dörfern der Abruzzen, einer Region, in die es ohnehin kaum Touristen verschlägt und Landflucht ein massives und konstantes Problem ist.
Von der Stadt auf’s Land: Dörfer entdecken Streetart für sich
Urbane Kunst geht rural und sorgt somit, wie im Fall von Aielli, für mediale Aufmerksamkeit, die wiederum interessierte Besucher anlockt. Dabei ist die Strategie hinter dem Erfolgsbeispiel von Aielli, die durch Kunst alte Dörfer mit neuem Leben füllt, keineswegs ein Einzelfall. Ähnliche Konzepte gibt es bereits anderswo in Italien: Das Dorf Orgosolo auf Sardinien zum Beispiel ist berühmt für seine Streetart mit Friedensbotschaft. In Trentino (Im Norden von Italien) hingegen gibt es die Murales von Balbido, die das Leben auf dem Land visualisieren.

Ist das schon Streetart oder nur eine ganz normale Gasse in Aielli?
Es gibt aber auch internationale Beispiele, wie in Djerba, oder in Belgien, wo das Geisterdorf Doel durch Kunst aufgewertet wird. Spannend ist auch die Geschichte des spanischen 300-Seelen-Dorfes Fanzara, das vom Aussterben bedroht war, aber von Streetart Künstlern in einen kulturellen Triumph verwandelt wurde. Das Konzept scheint aufzugehen und die urbane Kunstform mehr und mehr das Land zu erobern. In den meisten Fällen, wie auch bei Aielli, hat die Verwandlung vom Bergdorf zur Kunstgalerie allerdings nicht von heute auf morgen stattgefunden. Die Geschichte hinter Aiellis “künstlerischer Wiedergeburt” ist relativ aktuell und hat vor wenigen Jahren begonnen.
Aielli Borgo Universo – vom unscheinbaren Bergdorf zur Open-Air Street Art Galerie
Im Sommer 2017 veranstaltete das Dorf Aielli das Streetart Festival Borgo Universo. Während des mehrtägigen Open Air Festivals beleben Konzerte, DJ-Sets, Theater-, und Tanzaufführungen die Straßen, Gassen und Plätze des Dorfes. So verwandelte sich Aielli zu einem kleinen Zentrum des Experimentierens und der Begegnung zwischen den Künsten.

Teils verlassene Bauernbehausungen treffen auf moderne Kunstformen
Im Zuge dieses Steetart Festivals sind in dem mittelalterlichen, oberen Teil des Dorfes Aielli Alto etliche Wandmalereien entstanden. Diese Murales sind hauptsächlich vom Thema Astronomie inspiriert und stellen so einen direkten Bezug zur Geschichtes des Dorfes und der örtlichen Sternwarte dar. Im Jahr 2018 wurde der Roman Fontamara von Ignazio Silone in seiner Gesamtheit in Form eines Wandbildes per Hand an die Wand geschrieben. Im darauffolgenden Jahr wurde die Verfassung der Italienischen Republik mit Hilfe eines Vertikaldruckers auf einer Wand eines Kinderspielplatzes vollständig transkribiert.
Überblick über die Murales von Aielli
Dank dieser einzigartigen Kunstwerke, die im Zuge des Borgo Universo in Aielli geschaffen wurden, hat sich das kleine Dorf Aielli in eine Open-Air Streetart Galerie verwandelt. Wir zeigen dir ein paar der Murales aus Aielli, die du dir unbedingt live ansehen solltest. Die Namen der Werke und Künstlern stammen von der italienischsprachigen Seite Raccontidalborgo.it.
- Der Baum von Sam3 ist eine Hommage an den Geist von Aielli und seinen Bewohnern; nur wenn man die „Wurzeln“ kultiviert, kann man die Sterne erreichen.
- „De-sidero“ von Gio Pistone ist eine bildliche Darstellung der wichtigsten Sternkonstellationen der südlichen Hemisphäre.
- Von großer Bedeutung und eine der jüngsten ist die Arbeit des spanischen Künstlers Okuda San Miguel. Für sein grandioses Wandbild verwendete er mehr als 75 Farben. Unter anderem landet Okuda mit diesem Werk auf der Widewalls-Liste der schönsten Murales der Welt.
- Sogar Literatur wird zu Streetart! Während der Ausgabe 2018 des Borgo Universo Festivals von Aielli transkribierte der Künstler Alleg das Buch Fontamara von Ignazio Silone vollständig an eine Wand. Die 300 Tausend handgemalten Buchstaben schaffen ein weltweit einzigartiges Werk. Gleichzeitig verwandeln sie Silones berühmten Roman, der in den Abruzzen spielt, in visuelle Kunst.
- Die Wandmalerei von Ericailcane und Bastardilla stellt in leuchtenden Farben und einem „verzauberten“ Stil ein Bild von Armut und Unbehagen dar.
- Das grandiose Werk von Zamoc schildert den Mythos von Phaethon, dem Sohn Apollos. Dieser fiel vom Sonnenwagen, schuf die Milchstraße sowie die Wüste Sahara.
- Das imposante vertikale Wandgemälde von Aris repräsentiert die Unendlichkeit im Verhältnis zum Individuum und der Menge.
Streetart und mehr – weitere Highlights und Sehenswürdigkeiten in Aielli und Umgebung
- Torre delle Stelle (Turm der Sterne): Der mittelalterliche Turm von Aielli beherbergt das dem Mond gewidmete astronomische Museum. Es ist mit einer spezialisierten wissenschaftlichen Bibliothek und Instrumenten der angeschlossenen Sternwarte ausgestattet.
- Wandern im Regionalpark Sirente-Velino:
Im Regionalpark Sirente-Velino, in dem das Dorf Aielli eingebettet ist, gibt es viele Wanderwege durch die Bergwelt der Abruzzen. - Calstello Piccolimini in Celano: Nicht weit von Aielli liegt Celano. Ein Besuch in der kleinen Stadt der Abruzzen lohnt sich allein schon wegen der imposanten Burg Piccolimini.
- Gole di Celano: Die Wanderung durch die Schlucht “Gole di Celano” (zwischen Aielli und Celano) wirst du bestimmt nicht so schnell vergessen.
- Auf Bärensuche gehen im Abruzzen Nationalpark: Der Abruzzen Nationalpark ist von Aielli in einer knappen Autostunde erreichbar. Mit etwas Glück kannst du dort sogar Bären sichten – und das vor den Toren Roms.
- Ausflug nach Scanno oder Sulmona: Das Bergdorf Scanno am gleichnamigen See ist eine knappe Stunde von Aielli entfernt. Alleine schon die Strasse, die dich dorthin bringt ist ein ganz besonderes Erlebnis. Die Kleinstadt Sulmona, hingegen, ist bekannt als Geburtsstadt von Ovid und für das bunte Mandel-Confetti. Sie erreichst du über die Autobahn in etwa einer dreiviertel Stunde.
- Cocullo, das Dorf der Schlangenprozession: Cocullo ist eine 30-minütige Autofahrt entfernt. Dort findet jedes Jahr am 1. Mai das berühmte Schlangenfest von Cocullo statt.
Fazit: Für wen lohnt sich ein Ausflug nach Aielli
Nachdem wir in Berlin und Rom gewohnt haben ist der Anblick von Streetart für uns absolut nicht neu. Aber die Mischung aus urbaner Kunst im ruralen Kontext eines kleinen mittelalterlichen Bergdorfes in Italien hebt Streetart auf ein anderes Level. Genau das macht den Besuch in Aielli auch wirklich besonders und den Ausflug in das Dorf zu einer einmaligen Erfahrung. Wo sonst kann man zwischen Straßenkunst und -katzen, Hühnern und Traktoren durch die Gassen eines mittelalterlichen Ortes schlendern und sich internationale Kunstwerke anschauen?

Aielli: urbane Kunst trifft auf ruralen Lifestyle
Mehr Infos und Übernachtungsmöglichkeiten in Aielli
- Mehr Infos über den Ort und seine Geschichte findest du (leider nur in italienischer Sprache) auf der Seite der Vereinigung der Borghi Autentici d’Italia.
- Für Tipps zu Unterkünften schreibe uns gerne eine Nachricht mit deinen Anforderungen an info@expedition-abruzzen.de
Kennst du Aielli bereits oder du möchtest mehr über die Abruzzen oder Streetart in Italien erfahren?
Dann lass es uns in den Kommentaren wissen. Stell uns deine Fragen oder erzähle uns welches Kunstwerk dir in Aielli am besten gefallen hat. Wir freuen uns über den Austausch!
Du willst mehr über die Abruzzen erfahren und versteckte Lieblingsorte fernab des Massentourismus mit uns entdecken?
Dann abonnier Expedition Abruzzen und du wirst per E-Mail benachrichtigt, sobald ein neuer Beitrag erscheint. Für individuelle Reiseberatung, wertvolle Insidertipps und handverlesene Unterkünfte in den Abruzzen und ganz Italien schreib uns eine Mail an info@expedition-abruzzen.de. Denn mal ehrlich: Echte Geheimtipps findet man selten im Internet… 😉
Mega! Das Dorf muss unbedingt auf meine Italien Bucket-List! Ich finde solche Projekte so wichtig und toll! Danke auch für die Verlinkung 🙂 LG Barbara
Gerne!!! Wollte dir gerade schreiben, dass ich auf deinen Rom Streetart Beitrag verlinkt habe, aber da warst du schon schneller! 🙂 Viele liebe Gruesse, Jule