Man muss ihn einfach lieben, den Majella Nationalpark. Wandern durch Jahrhunderte alte Buchenwälder, karge Gipfel, mystische Schluchten, blühende Wiesen, Höhlen, Grotten oder vorbei an archaischen Steinhütten und verborgenen Einsiedeleien – an Schönheit und Vielfalt ist dieses Naturschutzgebiet in Italien kaum zu übertreffen. Im folgenden Artikel findest du Tipps darüber, welche Sehenswürdigkeiten du beim Wandern im Majella Nationalpark nicht verpassen solltest. Entdecke die schönsten Wanderrouten innerhalb des Parks und seine verborgenen Einsiedeleien.
Der Mythos der Majella als “Montagna Madre” (Mutterberg)
Bevor es mit den Wanderrouten durch den Majella Nationalpark losgehen kann, erstmal ein paar Zahlen und Fakten über das Naturschutzgebiet im Herzen Italiens. Im Gegensatz zum Nationalpark Abruzzen, Latium und Molise, einem der ältesten in ganz Italien, ist der Majella Nationalpark etwas jünger. 1991 wurde der knapp 75.000 Hektar große Nationalpark rund um das “Majella-Gebirge” gegründet. Im selben Jahr wie auch der dritte Park der Region: Der Nationalpark Gran Sasso und Monti della Laga. Der Mythos, der sich um das Majella Bergmassiv (oft auch in der Schreibweise Maiella) rankt ist allerdings wesentlich älter und reicht sogar bis in die griechische Mythologie zurück. Die antike Legende stellt eine direkte Verbindung der beiden höchsten und wichtigen Berge der Abruzzen her: Der Majella und der Gran Sasso.

Der Blick von der Majella (Blockhaus) zum Gran Sasso
Es ist die tragische Legende einer Mutter (Maja), die vergeblich versucht ihren kranken Sohn (Hermes) zu retten. Als ihr Hermes stirbt begräbt seine trauernde Mutter ihn auf dem Gran Sasso, der heute noch den Beinamen „Il Gigante che dorme“ (der schlafende Riese) trägt. Der Schmerz und die Trauer um ihren Sohn lässt auch Majas Kräfte schwinden und sie stirbt. Sie hingegen wird auf der Majella von Hirten begraben, die ihre Grabstätte mit allerlei Blumen und Kräutern schmückten. So kam die Majella nicht nur zu ihrem Namen, sondern auch zum Spitznamen “Montagna Madre” (Mutterberg), der heute noch in den Abruzzen die Fruchtbarkeit der Erde symbolisiert.
Die Geschichte des Majella Nationalpark: Archäologie trifft Architektur und Religion
Doch auch abgesehen von dem legendären Mythos, der sich um das Gebiet der Majella rankt, ist der Park außergewöhnlich reich an historischen, archäologischen und architektonischen Zeugnissen. Seit dem Paläolithikum (der Altsteinzeit) ist das Terrain bereits bewohnt. Das belegen u.a. die Überreste von vor 5.000 Jahren, die im Gebiet von Lama dei Peligni gefunden wurden. Mit der Kupferzeit entwickelte sich eine echte Schafzucht, während einige Keramik- oder Bronzegegenstände und Felsenmalereien in Höhlen aus der Bronzezeit stammen.
In der Folge entstanden in der Majella Formen der agropastoralen Wirtschaft, die einen entscheidenden Einfluss auf Geschichte, Landschaft und die Nutzung der natürlichen Ressourcen hatten. Relikte dieser archaischen Kultur prägen bis heute noch die Landschaft des Majella Nationalpark. Wie beispielsweise die Tholos-Hütten aus Trockenmauerwerk, die über Jahrhunderte hinweg Bauern und Schäfern als Unterschlupf dienten.

Tholos: Archaische Steinhütten im Majella Nationalpark
Das Territorium und die Landschaft des Majella Nationalpark
Der Majella Nationalpark umfasst insgesamt 39 Gemeinden der Abruzzen in den Provinzen L’Aquila, Chieti und Pescara. Bei vier von diesen ist sogar der historische Ortskern in den Nationalpark eingebettet. Diese sind: Caramanico Terme, Sant’Eufemia a Maiella, Campo di Giove und Pacentro.
Der Majella-Nationalpark zeichnet sich durch das Hochgebirge seines Territoriums aus, in der Tat befinden sich mehr als die Hälfte des Parks in Höhenlagen über 2.000 Metern. Dazwischen liegen Wälder, weite Weideflächen und wilde Täler. Mit seinen 2.793 Metern über dem Meeresspiegel ist der Monte Amaro der höchste Gipfel der Majella und nach dem Corno Grande der zweithöchste Gipfel des Apennins auf dem Gran Sasso.
Welche Tiere kannst du beim Wandern durch den Majella Nationalpark treffen?
Im Majella Nationalpark leben Braunbären, Wölfe, HIrsche und Gemsen. Ebenso kannst du dort Königsadlern, Falken, Salamandern, Iltisen oder Stachelschweinen in freier Wildbahn begegnen – um nur einige heimische Wildtiere zu nennen. Nach heutigem Kenntnisstand beherbergt der Park mehr als 78% der in den Abruzzen vorkommenden Säugetierarten. Somit ist der Majella Nationalpark eine Schatztruhe der Artenvielfalt und Biodiversität.
Dank der Schutz- und Erhaltungspolitik der Parks ist die Wolfspopulation innerhalb des Parks seit den 1970er Jahren auf etwa hundert Individuen gestiegen. Im Verhältnis zum Territorium ist das ein wesentlich höherer Anteil als in anderen, besser bekannten Gebieten, wie dem Yellowstone Park in den Vereinigten Staaten.
Der Majella Nationalpark: Zufluchtsort für Einsiedler
Doch nicht nur für Wölfe und andere wilde Tiere ist das Majella Gebirge ein Zufluchts- und Rückzugsort. Ein Großteil der fast 100 Einsiedeleien, die sich in den Abruzzen verbergen, sind im Majella Nationalpark zu finden. Für Eremiten (ital. Eremiti) war das “Muttergebirge” ein Ort der Kontemplation und des Gebets. Sie lebten zurückgezogen in Einsamkeit und Armut ein einfaches Leben im Einklang mit der Natur, das von der Suche nach Gott geprägt war.
Einige von diesen selbsterwählten Außenseitern hausten jahrelang in Höhlen, Nischen oder Grotten, die sich in mühevoller Arbeit in den Fels gegraben haben. Diese bezeichnet man heute als Einsiedelei, Eremitage oder Klause. Die meisten Einsiedeleien sind etwa zwischen dem 11. und 17. Jahrhundert entstanden und in Felsen eingebettete Kapellen und Grotten; kurz: bescheidene Heiligtümer mit einer ganz besonderen Aura. Eine Wanderung zu einer Eremitage oder im Majella Nationalpark ist also mehr als nur eine einfache Wandertour, sondern eine spirituelle Reise.
Wanderrouten zu Italiens eindrucksvollsten Einsiedeleien im Majella Nationalpark:
Der „Sentiero dello Spirito” ist ein Pilger- oder Wanderweg durch den Majella Nationalpark, der die wichtigsten Einsiedeleien, einige davon gehören zu den spektakulärsten in ganz Italien, miteinander verbindet. Er ist insgesamt 70 Kilometer lang und kann in 4 oder mehr Etappen unterteilt werden. Sofern du nicht den kompletten Weg erwandern kannst, sind das einige ausgewählte Einsiedeleien, die ein lohnenswertes Ausflugs- oder Wanderziel sind:
- Aufstieg zur Einsiedelei von Sant’Onofrio al Morrone bei Sulmona
Diese Einsiedelei war das Zuhause von San Pietro del Morrone, der sie Ende 1200 restaurierte und dorthin zog, bevor er Papst unter dem Namen Coelestin V. wurde. Der einzige Papst, vor Papst Benedikt dem XVI, der das Papstamt vorzeitig niedergelegt hat. - Eremo di San Bartolomeo in Legio
Vom Dorf Roccamorice aus, kannst du gleich zwei der beeindruckendsten Einsiedeleien des Majella Nationalpark Parks erreichen. Die erste davon ist die in den Fels gehauenes Einsiedelei von San Bartolomeo in Legio. Sie ist nur über einen schmalen Pfad und eine steile Falltreppe erreichbar und geht auf das Jahr 1275 zurück. - Eremo di Santo Spirito a Majella
Wenn man den Weg entlang des Vallone di S. Spirito fortsetzt, steigt man von den 610 m des San Bartolomeo in Legio auf die 1.130 m des Eremo di S. Spirito a Majella auf. Auch diese Eremitage geht auf Coelestin V. zurück und war bis in die frühen 1800er Jahre bewohnt. - Eremo di San Giovanni all’Orfento:
Auf 1.227 Metern Höhe die Einsiedelei von San Giovanni. Dies ist sicherlich einer der eindrucksvollsten religiösen Orte im ganzen Park. Wieso? Ganz einfach: Um sie zu erreichen, muss man sich auf den Boden legen und 2-3 Meter auf dem Felsen kriechen!
Weitere Sehenswürdigkeiten, die du beim Wandern im Majella Nationalpark entdecken kannst
- Schlucht und Abtei von Fara San Martino
In der Nähe des Dorfes Fara San Martino befinden sich die Ruinen der Abtei von San Martino in Valle. Von der Kleinstadt aus reicht ein zehnminütiger Spaziergang, um die Überreste der Abtei zu erreichen, dieser spektakulären Gole di San Martino, einer engen Schlucht. (Achtung: Der Weg durch die Schlucht ist zur Zeit aus Sicherheitsgründen gesperrt.)Schlucht und Abtei von Fara San Martino
- Ein Besuch im Valle dell’Orfento
Eingebettet in den Majella Nationalpark findest du das staatliche Naturschutzgebiet Valle dell’Orfento bei Caramanico Terme. Das Orfento-Tal (benannt nach dem Fluss Orfento) ist bedeckt von riesigen und üppigen Buchenwäldern, durchzogen von zahlreichen wasserreichen Schluchten und tosenden Wasserfällen. Ein Paradies für Naturliebhaber. - Tholos: Archaische Steinhütten der Majella
An den Nordhängen der Maiella (bei Lettomanoppello, Abbateggio, Roccamorice hinauf zu den Buchenwäldern des Passo Lanciano) ist die größte Konzentration von Tholos-Hütten. Es sind Kuppelhütten, die an die mediterranen Prototypen der griechischen Zivilisation erinnern und sardischen Nuraghen und apulischen Trulli ähneln. Über Jahrhunderte hinweg dienten sie Schäfern und Bauern als Lager- und Schlafstätte.
- Schwefelquellen im Parco Lavino
Der Park der schwefelhaltigen Quellen des Lavino befindet sich in Scafa, in der Provinz Pescara im Vallone di Santo Spirito an der Majella. Der Park verdankt seinen Namen dem Fluss Lavino, dessen (kaltes!) schwefelhaltiges Wasser eine wunderbare Farbe zwischen Blau und Türkis aufweist.
- Schlucht und Abtei von Fara San Martino
Besondere Ausflugsziele und Aussichtspunkte im Majella Gebirge
- Blockhaus: Blick auf die Berge und das Meer
Blockhaus ist der Name eines Plateau in 2142 m. Höhe. Dort kannst du einen herrlichen Blick auf den Gran Sasso und die Adriaküste werfen. Im Winter kannst auf dem Blockhaus Skifahren mit Blick auf das Meer. Im Sommer ist es ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen – unter anderem zum Monte Amaro, dem höchsten Gipfel der Majella. - Grotte del Cavallone: Höhlenkomplex in luftiger Höhe
Die Höhlen von Cavallone sind das einzige Höhlensystem, das im Nationalpark Majella besichtigt werden kan. Mit 1475 m Höhe sind sie sogleich das höchste in Europa. Die Höhlen befinden sich auf dem Gebiet der Gemeinden Taranta Peligna und Lama dei Peligni in der Provinz Chieti. [derzeit geschlossen] - Balzolo: Der Balkon der Abruzzen in Pennapiedimonte
Der Belvedere Balzolo in Pennapiedimonte ist ein atemberaubender Aussichtspunkt. Von dort aus starten mehrere Wanderwege und es gibt mehrere Picknick-Areas, wo man ein Panino mit Ausblick genießen kann.
Im Majella Nationalpark mit Kindern: Aktivitäten und Wanderstrecken für die ganze Familie
Der Aufstieg zur Einsiedelei von Sant’Onofrio ist nicht sehr lang und auch mit Kindern durchaus machbar. Auch S. Spirito kann von Roccamorice aus über eine asphaltierte Straße erreicht werden und ist auch ohne Wandern zu besichtigen. Die Wanderroute “Anello di Lama Bianca” führt durch einen herrlichen Buchenwald. Sie ist auch für Kinder geeignet und sogar mit dem Kinderwagen bestreitbar. Also durchaus eine Alternative für einen Spaziergang durch die Natur mit der ganzen Familie. Ebesnso sind Blockhaus, der Parco Lavino oder die Tholos Hütten bestens für kleine Entdecker und Abenteurer geeignet. Oder die jenigen, die nicht all zu lange laufen können oder wollen.

Ausblick vom Blockhaus in Richtung Meer vom Blockhaus Majella
Majella Nationalpark – mehr Infos und Übernachtungsmöglichkeiten:
- Mehr Infos über den Parco Nazionale della Majella findest du auf der Website. Dort gibt es auch das komplette Wanderstrecken- und Wegenetz.
- Du suchst Übernachtungsmöglichkeiten im Majella Nationalpark oder Umgebung? Für individuelle Reiseberatung, wertvolle Insidertipps und handverlesene Unterkünfte in den Abruzzen und ganz Italien schreib uns eine Mail an info@expedition-abruzzen.de. Denn mal ehrlich: Echte Geheimtipps findet man selten im Internet… 😉
Folgende Ortschaften sind beispielsweise gute Ausgangspunkte für Erkundungen des Majella Nationalpark:
- Sulmona: Die schöne Kleinstadt voll Kunst, Kultur und Mandelkonfekt
- Pacentro: Das Dorf mit den drei Türmen ist gleichzeitig Tor und das Herz des Parks
(sowohl Pacentro als auch Sulmona sind beide sind bestens an die Autobahn Rom-Pescara angebunden) - Abbateggio: eines der schönsten Dörfer Italiens und inmitten der Einsiedeleien und Tholos-Hütten
- Pretoro: Zählt auch zu den schönsten Dörfern in Italien und liegt auf halber Strecke zwischen dem Meer und dem Blockhaus.
Dir hat dieser Beitrag gefallen? Dann lass es uns in den Kommentaren wissen. Dort kannst du auch gerne deine eigenen Erlebnisse und Erfahrungen mit uns teilen und erzählen, welche Orte dich in den Abruzzen besonders beeindruckt haben. Wir freuen uns über den Austausch!
Falls du mehr über die Abruzzen erfahren und versteckte Lieblingsorte fernab des Massentourismus mit uns entdecken willst, dann abonnier Expedition Abruzzen und du wirst per E-Mail benachrichtigt, sobald ein neuer Beitrag erscheint.
Vielen Dank für die Seite. Wir würden gerne im Juli (6-15) in den Abruzzen wandern. Unsere Kondition recht für mittelschwere Touren bzw. schwer,wenn man überhaupt nicht klettern muss.Wir suchen für 3 Erwachsene 2 Zimmer oder Ferienwohnung von der man gut loswandern kann. Gerne ganz einfach. Kein Pool oder ähnliches Schnick Schnack.
Beste Grüße S. Schröder
Liebe Susanne, vielen Dank für das Interesse und den Kommentar. Schreib uns den Gesuch doch bitte an info@expedition-abruzzen.de und dann werde ich mich gerne für dich in unserem Netzwerk umhören. Seid ihr denn auf den Majella NP festgelegt, oder sucht ihr abruzzenweit? Per Mail lässt es sich doch wesentlich besser abstimmen als hier in der Kommentarspalte. Herzlichst, jule