Damit ihr keine bösen Überraschungen erlebt, wenn ihr eine Reise in die Abruzzen plant, sind hier ein paar Warnhinweise, die euch nicht abschrecken, sondern mental auf euren Urlaub in den Abruzzen vorbereiten sollen.
Jenseits der Stille: Vom Urlaub in den Abruzzen zum Alltag
Inspiriert von Jesus ist nun endlich der Moment gekommen den Blog nach langer Pause von den Toten auferstehen zu lassen. Der letzte Artikel ist eine ganze Weile her. Es ging um Berge und ein Goethe-Zitat: „Berge sind stille Meister und machen schweigsame Schüler“. Die logische Konsequenz war: Einfach mal die Fresse halten…und währenddessen all die Dinge und Erlebnisse in Ruhe verarbeiten, anstatt sie brühwarm und halbverdaut zu verbloggen und der Wwweltöffentlichkeit zum Fraß vorzuwerfen.

Wer die Rose liebt, nimmt ihre Dornen in Kauf.
Der Umzug von Berlin in die Abruzzen war ein ziemlicher harter Brocken! Überhaupt hat sich das letzte Jahr angefühlt wie einmal die Treppe runterzufallen. Unten angekommen braucht es erstmal seine Zeit bis die ersten Gräser auf dem Boden der Tatsachen sprießen, der sich zwar noch immer etwas fremd- und andersartig anfühlt, aber immerhin nicht unfruchtbar zu sein scheint.
In der Zwischenzeit habe ich mehr als einmal gedacht: „Die Abruzzen können mir mal gehörig den Buckel runterruzzen!“ Da dieser Blog nun mal aus der Idee geboren ist Verborgenes aufzudecken, dürfen auch die Nagativaspekte nicht unter den Teppich gekehrt werden. Daher also wie im Titel versprochen:
9 Gründe nicht in die Abruzzen zu fahren
1. Die Lage
Nein, das ist keine Anspielung darauf, dass unterhalb der Abruzzen zwei tektonische Platten (die afrikanische und die eurasische) aufeinander treffen und die damit verbundene Erdbebengefahr. Gemeint ist Italien: Ein Land das jeder meint zu kennen, der mal auf Klassenfahrt in San Gimignano war.

Vielen sind die Abruzzen nur als Erdbebenregion bekannt…
Stereotypen erleichtern den Alltag. Eine Region, in der jedes Dorf ein eigener Mikrokosmos ist und hinter jeder Kurve eine Überraschung lauert, kann da durchaus überfordern. Immer wenn man sich gerade ein Bild gemacht hat, tauchen irgendwo Pferde auf und trampeln es kaputt, oder es röhrt ein Hirsch im Hintergrund während man einen Aperol Spritz trinkt. Ein Urlaub in den Abruzzen stellt auch versierte Italienkenner vor neue Herausforderungen.
2. Der Lifestyle
Die Modemetropole Mailand ist weit weg und auch die Nähe zu Rom ist rein geografisch. Die Abruzzen sind eher (Dorf-)Life als Style und eher shabby als chick. Was anderswo schon wieder modern wird, ist hier nie aus der Mode gekommen. Alles ist ein bisschen vintage; ohne es zu wollen.

Shopping Queen in Celano sähe vielleicht so aus.
Statt im Infinity-Pool wird im Fluss gebadet. Anderswo in Italien dominiert die Vespa, hier ist es der Traktor. Die Abruzzen haben in etwa die Eleganz von Ronja Räubertochter. Sie waren und sind Bauerland und dem entsprechend sind auch die Parties.
Wenn ihr die Mär von der Italienischen Eleganz und Dolce Vita hinter euch lassen wollt und könnt und auf der Suche nach dem einfachen, ehrlichen und ländlichen Italien seid, dann werdet ihr in eurem Urlaub in den Abruzzen sicher fündig. Für alle anderen gibt’s den Gardasee.
3. Die Provinz
Man muss es knallhart aussprechen: Abruzzen bedeutet Provinz. Wer also Wert auf ein urbanes Umfeld legt, der ist hier definitiv falsch. Denn, wenn es in der Region eines NICHT gibt, sind das hippe und pulsierende Metropolen. Die einzige wirkliche Großstadt ist Pescara, da gibt es immerhin den einzigen Flughafen der Region. Aber einen Schönheitswettbewerb wird die Hafenstadt definitiv nicht gewinnen.

Willkommen in den Abruzzen. Willkommen in der Provinz.
Zweitgrößte Stadt ist L’Aquila. Allerdings handelt es sich hier viel eher um ein Sammelsurium an Dörfern, die zu einem Verwaltungsbezirk zusammengelegt und Hauptstadt der Region gekürt wurden, damit das Landinnere nicht vollends auf der Strecke bleibt. Außerdem war da ja noch dieses Erdbeben 2009 – nicht die beste Publicity.
Stadtmenschen, aufgepasst: Macht lieber einen großen Bogen um die Region, wenn ihr nicht gerade in der Zurückgezogenheit ein Folk- Video drehen wollt und dabei das englische Essen oder das skandinavische Klima umgehen wollt.
4. Die Kommunikation
Mit Deutsch oder Englisch kommt man in den Abruzzen nicht weit; mit Italienisch leider auch nicht immer. In den Abruzzen reagiert der Dialekt und der ist von Dorf zu Dorf teilweise so unterschiedlich wie die Landschaft.

Multikulti wird in den Abruzzen groß geschrieben; zumindest in Pescara
Auch die Kommunikation nach außen ist nicht selbstverständlich, denn Handyempfang kann, muss aber nicht. Das ist sicher ungünstig, wenn der Boss einem auch im Urlaub dringend erreichen will, aber umso leichter kann man dadurch während einem Urlaub in den Abruzzen den eigenen (Arbeits-)Alltag da lassen wo er hingehört: im Büro. Wie schon Peter Lustig sagte: „Nicht vergessen: Abschalten!“
5. Die Infrastruktur
Viele der Straßen sind entweder beschissen oder gesperrt. Und das seit Jahren. Auf Google Maps kann man sich nicht verlassen und an der Tankstelle mit der Karte zu zahlen ist auch keine Selbstverständlichkeit. Vielleicht der Grund warum Anja von Das fliegende Klassenzimmer bei ihrer Reise kreuz und quer durch die Abruzzen lieber aufs Fahrrad gestiegen ist? Wer weiß.

Streetart in den Abruzzen
Autofahren in Italien bedeutet bei Tempolimit 50 mit 70 zu fahren und mit 90 km/h überholt zu werden (bei durchgezogener Linie). In den Abruzzen muss man dabei noch den Schlaglöchern ausweichen während ein Stachelschwein die Fahrbahn überquert. Kurz: Autofahren in den Abruzzen ist ein Abenteuer, dafür gibt es keinen Stau und die Aussicht entschädigt für fast alle Unannehmlichkeiten.
6. Das Tempo
Das italienische Wort Tempo kann man sowohl mit Wetter als auch mit Zeit übersetzen. Während man unschönem Wetter mit der richtigen Multifunktionskleidung entgegenwirken kann ist man gegen die Italienische Langsa.. äh Gelassenheit machtlos.

Unsere Nachbarn haben noch eine Kutsche im Keller
Wenn ihr einen Urlaub in den Abruzzen plant, dann lasst dabei immer ein wenig Spielraum, ansonsten können euch unvorhergesehenen Gegebenheiten (wie Straßensperrungen, sehr lange Verabschiedungen o.ä.) leicht in den Wahnsinn treiben.

Wer Vintage mag, wird die Abruzzen lieben!
Hier in den Abruzzen ticken die Uhren langsamer. Ungeduldige Großstädter, die immer zu die Zeit im Nacken und einen angeborenen 10-Minuten Takt im Kopf haben, stoßen hier schnell an ihre Grenzen. In den Abruzzen ist Zeit nicht Geld, sondern Leben. Sie zu vergessen heißt nicht, sie zu verplempern, sondern sie in vollen Zügen zu genießen: Im Hier und Jetzt; vor allem aber in Gemeinschaft.
7. Das Essen
Gegessen wird was auf den Tisch kommt; und das kommt entweder aus dem eigenen Orto (Garten) oder ist tierischen Ursprungs.

Sogar in 1600 Metern Höhe gibt es in den Abruzzen Metzger!
Vegan ist ein Fremd-, Diät ein Schimpfwort und Völlerei an der Tagesordnung. Die Abruzzesi Essen viel und gern. Spätestens beim Mittagessen muss entschieden werden, was es zum Abend gibt.
8. Der Name
A br.. was? Der Name klingt doch eher wie eine Hautkrankheit und lädt förmlich dazu ein falsch geschrieben zu werden. Wie war das noch ein b und zwei z oder andersrum? Singular, Plural mit oder ohne Artikel. Wer in die Toskana reist hat’s da wesentlich leichter.
9. Die Unbekanntheit
„Schon bei der kleinen Auswahl an Reiseführern merkt man, wie unbekannt die Abruzzen in den deutschsprachigen Ländern noch sind.“ schreiben die Fotonomaden in ihrem Bericht über ihre Fotoreise in die Abruzzen. Stimmt.
„Papi, können wir in den nächsten Sommerferien bitte bitte in die Abruzzen“
– kein Kind jemals.
Abgesehen von der mageren Informationslage bedeutet die Tatsache, dass die Abruzzen keiner kennt außerdem, dass die Kollegen, Freunde und Bekannte einem im Vorfeld keine Tipps für den Urlaub in den Abruzzen aufs Auge drücken und geben im Nachhinein auch nicht ihren Senf dazugeben. Stattdessen sollte man darauf vorbereitet sein ihnen erklären zu müssen wo die Abruzzen liegen. (Für mich bewährt hat sich: „Gleiche Höhe Roms, aber an der Adria also der anderen Seite des Stiefels.“)

Das Verhältnis von Mensch und Möwe fällt am Strand in den Abruzzen zu Gunsten der Möwen aus.
Die meisten Abruzzenfans haben hier entweder Verwandtschaft oder kennen jemanden, der hier Verwandtschaft hat. Alle anderen, die sie kennen und lieben tun das trotz oder besonders wegen ihrer Unbekanntheit. Gerade weil hier KEINE Touristenmassen zu finden sind und kein Robinson Club.
Wenn ihr Einsamkeit und Stille sucht, dann werdet ihr sie hier finden. Das und noch vieles mehr. Versprochen!
Das wars für heute. Wenn ihr trotz allem mehr über die Abruzzen erfahren wollt, dann abonniert unseren Blog und ihr werdet per Mail über neue Beiträge benachrichtigt.
Schreibt uns auch gerne von euren Erfahrungen und erzählt uns wie ihr die Region kennen gelernt, entdeckt und erlebt habt. Wir sind gespannt auf persönliche Geschichten und Anekdoten von eurem Urlaub in den Abruzzen!
Das ist beruhigend all dies ‚Negative‘ zu lesen … genau darauf freue ich mich und genau danach habe ich gesucht !!! … noch 7 Wochen, dann ist es soweit … dann bin ich in den Abruzzen … … … … … mein LKW wird in Wiesbaden losfahren, dann in München meine restlichen Habseligkeiten aus DE aufsammeln und dann über Riva del Garda ( JA, Riva del Garda !!! Die Inbrunst des Massentourismus im nördlichen Teil Italiens …) fahren und hier aus meinem Apartment alles aufnehmen … und dann gehts 800km weiter südlich … … … … … ach so, ich werde die Abruzzen nicht bereisen … beileibe nicht … 😉 … ich gehöre zu den ‚Verrückten‘ , die dorthin umziehen … und genau DIESES Italien habe ich gesucht und dort gefunden … ich will meine Ruhe haben … Ciao Trentino Alto Garda, saluti Abruzzo … ich habe die Zeilen mit Genuss gelesen !!! … BINGO … so wird mein Leben aussehen … fernab von Touris, die mir hier richtig auf den S..k gehen … wir sehen uns dann ‚im Tal der Ahnungslosen‘ … 🙂 🙂 🙂
Noch einer von diesen „Verrückten“…immerhin kannst du nicht behaupten, du wärst nicjt gewarnt worden. 😉 Wir warten auf dich im Tal der Ahnungslosen! Wohin solls denn genau gehen, Roccascalegna war das doch, oder?
aha, gute fahrt! wohin Solls denn gehen? ich lebe seit 2012 in den Abruzzen ……
All die Gründe, die du anbringst um bloß nicht in die Abruzzen zu fahren, sind doch meist Beweggründe warum wir Individualurlauber gerade diese Reiseziele favorisieren. Zahlreiche Dinge, die du beschrieben hast mit der Sprache und der Infrastruktur findet man auch in anderen Regionen Italiens wieder, so zum Beispiel im nicht touristischen Teil von Sizilien. Dort gelange ich selbst trotz sizilianischer Wurzeln an meine Grenzen, gerade weil ich den sizilianischen Dialekt gegen das Hochitalienisch eintausche. Es stimmt schon, dass man in den noch traditionsreichen und ursprünglichen Regionen, wie Abruzzen oder Sizilien schnell ausgelacht wird, wenn man mit Hochitalienisch oder einer anderen Sprache daherkommt. Ebenso erstaunlich ist die dortige abenteuerliche Fahrweise der Einwohner, die schon fast kamikazehafte Züge annimmt. Aber manchmal ist es eben genau das sowie der ursprüngliche Charme, was uns zum Wiederkommen in diese Regionen antreiben. Dass wir eben sehen, dass es in anderen Ländern und Regionen nicht so perfekt und super geregelt zugeht, wie bei uns.
Gut beobachtet. Ursprünglicher Charme trifft es ganz gut. Mir persönlich gefällt er, sonst wäre ich wohl kaum hier her gezogen. Aber wie so oft im Leben ist das eine reine Geschmacks- bzw. Typfrage: Wer auf der Suche nach Shoppingmeilen ist, der wird mit der Weite und Stille der rauhen Landschaft nur wenig anfangen können. Wir waren diesen Sommer in Sizilien unterwegs: Aus Taormina z.B. sind wir regelrecht geflohen, weil es dort (Ende Juli, also in der Hochsaison) einfach sooo voll und touristisch war. Vor lauter Tourismus war da leider nur wenig Sizilien übrig. Zum Glück, durften wir aber noch ein paar andere schöne und ruhigere Ecken entdecken, wo dann auch Sizilianisch statt Englisch gesprochen wurde. 😉 Aus welcher Ecke in Sizilien kommst du denn?
Das kann ich mir gut vorstellen. Die Ecken um Taormina sind einfach zu touristisch. Ich komme aus dem gegenüberliegenden Teil von Taormina, also Palma Di Montechiaro in der Provinz Agrigento.